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Behandlungsfehler durch Rettungsleitstelle

18.05.2018, 11:11 Uhr

Bild: FW Bremen

BGH bestätigt Kammergerichtsurteil


Das Berliner Kammergericht hat den Träger einer Rettungsleitstelle zu Schadensersatz in Höhe von ca. 350.000 Euro verurteilt. Die Alarmierung lediglich eines RTW zu Atembeschwerden eines Asthmapatienten sei ein „grober Behandlungsfehler“ gewesen. Damit werden die Grundsätze des groben Behandlungsfehlers erstmals auch auf die Notrufbearbeitung in der Rettungsleitstelle angewendet. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung bestätigt.

Im vorliegenden Fall waren der Leitstelle beim Notruf von einem Dritten „Atembeschwerden bei einem Asthmapatienten“ geschildert worden, woraufhin sie im Rahmen des standardisierten Abfrageverfahrens einen RTW entsandte, jedoch keinen Notarzt, der erst später von der RTW-Besatzung nachalarmiert wurde. Nachdem der Patient später verstorben war, machte die Krankenversicherung des Patienten gegen den Träger des Rettungsdienstes Schadensersatz geltend. Das Kammergericht Berlin gab der Versicherung Recht. Selbst wenn der Leitstelle nur Atembeschwerden geschildert worden wären, hätte diese bei einem bekannten Asthma-Patienten einen Notarzt alarmieren müssen. Es habe sich um einen groben Behandlungsfehler gehandelt, der auch von nicht-ärztlichem Leitstellenpersonal begangen werden könne. Das Kammergericht vergleicht das Leitstellenpersonal insofern mit einer in der Notaufnahme tätigen Krankenschwester, die eine „Vordiagnose“ vornimmt.

Die Entscheidung des Kammergerichts ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Beschwerde hiergegen zurückgewiesen. Damit wird das Instrument des groben Behandlungsfehlers mit beweisrechtlich erheblichen Folgen nicht nur auf den Einsatz von Rettungsfachpersonal (Kammergericht, Urteil vom 19. Mai 2016, 20 u 122/15) und beim Hausnotruf (Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Mai 2017, III ZR 92/16) angewandt, sondern auch auf die Leitstellen-Tätigkeit weiter ausgedehnt. (RA Guido C. Bischof)

Quellen:

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 20. März 2017, 20 U 147/16
Kammergericht Berlin, Beschluss vom 19. Juni 2017, 20 U 147/16
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. März 2018, VI ZR 324/17 (nicht veröffentlicht)

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