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Mangelnde Rechtssicherheit bei BtM-Gabe

14.06.2016, 16:34 Uhr

Foto: G.A.R.D.

Rettungsassistent zeigt sich selbst an

Die Anwaltskanzlei Steenberg in Pforzheim hat am 12. Juni 2016 für einen Rettungsassistenten, der einem Notfallpatienten eigenverantwortlich Morphium verabreicht hatte, eine Selbstanzeige wegen Verstoßes gegen das BtMG bei der Staatsanwaltschaft Baden-Baden gestellt.

Vorausgegangen war ein Disput zwischen dem RD-Mitarbeiter und der ärztlichen Leitung des Rettungsdienstes über die eigenverantwortliche Gabe des Betäubungsmittels in dem besagten Fall. Der Rettungsassistent hatte in einem Einsatz eigenverantwortlich 2 mg Morphium verabreicht. Zuvor hatte er einen Notarzt nachgefordert, die ILS hatte ihm aber mitgeteilt, dass kein Notarzt abkömmlich sei. Der Patient, der unter einer akuten Atemnot litt, wurde über die erweiterte medikamentöse Therapie (Basismaßnahmen und Sauerstofftherapie ohne Erfolg) aufgeklärt und erklärte sein Einverständnis. Eine noninvasive Ventilation als weniger invasive Maßnahme wird in dem betreffenden Rettungsdienst nicht vorgehalten. Der Patient verbesserte sich unter der Therapie signifikant und wurde mit Sonder- und Wegerechten ins nächste Krankenhaus/Intensivstation transportiert. Aus Sicht der behandelnden Ärzte war der Patient sehr gut versorgt. Problematisch wurde es, als der Medikamentenverbrauch im BtM-Buch vermerkt werden sollte. Dem Rettungsassistenten wurde eröffnet, dass er eine Straftat begangen habe und sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen zu befürchten habe.

Nach anwaltlicher Auffassung habe der RD-Mitarbeiter zwar gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen, jedoch sei dies keineswegs illegal, sondern als gerechtfertigt anzusehen (Rechtfertigungstatbestand des § 34 StGB). Interessant ist dieser Fall schon allein deshalb, weil deutlich wird, welche erheblichen Versäumnisse von Seiten der Normgeber im Rahmen der Novellierung des Berufsbildes zu verantworten sind. So empfiehlt das Sozialministerium Baden-Württemberg in den Handlungsempfehlungen, die mit den RD-Organisationen abgestimmt wurden, mehrfach eine Morphiumgabe durch das paramedizinische Personal, doch wenn diese Vorgehensweise in der Praxis umgesetzt wird, so wird umgehend mit straf- und arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht. In den baden-württembergischen Notfallsanitäter-Ergänzungsprüfungen wird zudem erwartet, dass Morphium eigenverantwortlich verabreicht wird, anderenfalls läuft man Gefahr, die Prüfung nicht zu bestehen. Die Rettungsdienstschulen verlangen somit ein nach derzeitiger Rechtsauffassung strafbares Verhalten von den Prüflingen, was den Gesetzgeber auf den Plan rufen sollte, der umgehend für Rechtssicherheit sorgen muss.

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