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Rettungsdienst muss nicht ausgeschrieben werden

21.03.2019, 11:02 Uhr

Foto: K. von Frieling

EuGH: Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten ist „Gefahrenabwehr“


Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat heute um 9.30 Uhr das Urteil in der Rechtssache Falck Rettungsdienste GmbH u.a. gegen die Stadt Solingen bekanntgegeben (Rechtssache C-465/17). Es folgt darin in weiten Teilen der Auslegung des Generalanwalts Sánchez-Bordona, die er in seinen Schlussanträgen am 14. November 2018 formuliert hat (wir berichteten hier). In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die klassischen Regelungen nicht für öffentliche Aufträge gelten, die den Katastrophenschutz, den Zivilschutz oder die Gefahrenabwehr betreffen, wenn die doppelte Bedingung eingehalten wird, dass sie unter bestimmte CPV-Codes fallen (hier der Code für „Rettungsdienste“ oder für den „Einsatz von Krankenwagen“) und von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden. Dies gilt jedoch nicht für den Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung, für die die vereinfachten Beschaffungsregelungen gelten.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass es sich bei der Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten in einem Rettungswagen durch einen Rettungsassistenten/Rettungssanitäter und beim qualifizierten Krankentransport weder um „Dienstleistungen des Katastrophenschutzes“ noch um „Dienstleistungen des Zivilschutzes“ handelt, sondern um „Gefahrenabwehr“. Aus der wörtlichen und aus der systematischen Auslegung der Richtlinie ergebe sich, dass die „Gefahrenabwehr“ sowohl Gefahren für die Allgemeinheit als auch Gefahren für Einzelpersonen betreffe. Des Weiteren gelte die zugunsten von Dienstleistungen der Gefahrenabwehr bestimmte Ausnahme von den Regelungen über die öffentliche Auftragsvergabe nur für bestimmte Notfalldienste, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden, und dürfe nicht über das unbedingt notwendige Maß hinaus ausgeweitet werden. Die Nichtanwendbarkeit der Regelungen über die öffentliche Auftragsvergabe sei somit untrennbar mit dem Vorhandensein eines Notfalldienstes verknüpft.

Gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen, deren Ziel in der Erfüllung sozialer Aufgaben besteht, die nicht erwerbswirtschaftlich tätig sind und die etwaige Gewinne reinvestieren, um ihr Ziel zu erreichen, fallen nach Auffassung des Gerichts unter den Begriff „gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen“ im Sinne der Richtlinie. Folglich stehe die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegen, wonach anerkannte Hilfsorganisationen wie Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen als „gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen“ gelten, ohne dass die Anerkennung als Hilfsorganisation im nationalen Recht davon abhängt, dass keine Gewinnerzielungsabsicht vorliege.

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