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Schaulustige und Angriffe auf Rettungskräfte werden künftig härter bestraft

12.05.2017, 13:57 Uhr

Foto: N. Sandrisser

Bundesrat billigt Gesetzesbeschluss des Bundestags

Der Bundesrat billigte heute einen Gesetzesbeschluss, der härtere Strafen für Angriffe auf Rettungskräfte und Polizisten enthält. Der Beschluss, der vom Bundestag am 27. April 2017 verabschiedet wurde, stellt durch die Strafvorschrift „Behinderung von hilfeleistenden Personen“ nun auch Schaulustige an Unfallstellen und Personen, die eine Rettungsgasse blockieren, unter Strafe. Bei Übergriffen während einfacher Diensthandlungen (z.B. Streifenfahrten, Unfallaufnahme) können aufgrund des neuen Straftatbestandes nun Haftstrafen bis zu fünf Jahren verhängt werden. Ein besonders schwerer Fall von Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte liegt nach dem Beschluss jetzt bereits dann vor, wenn Täter oder Beteiligte eine Waffe bei sich führen. Nach der Unterzeichnung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten soll es einen Tag später in Kraft treten.

 

Kommentar von RETTUNGSDIENST-Redaktionsmitglied Ralf Tries aus RETTUNGSDIENST 3/2017

„Zum Ende einer Legislaturperiode neigt eine amtierende Regierung gerne zu einem öffentlichkeitswirksamen Crescendo bei ihren Gesetzesinitiativen. Derzeit wird – mal wieder – eine weitere Verschärfung im Strafgesetzbuch geplant, mit der einer Verrohung der Sitten im Verhalten gegenüber Einsatzkräften ein entschlossener Kampf angesagt werden soll. Tätliche Angriffe gegen Polizisten (schon bei allgemeinen Diensthandlungen wie einer Streifenfahrt) sollen künftig mit Freiheitsstrafen von mindestens drei Monaten bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden. Der geplante § 114 StGB-Entwurf ist wie folgt gefasst: „Wer einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei einer Diensthandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ § 115 Abs. 3 StGB-Entwurf sieht über die bisher schon geltende Strafandrohung im jetzigen § 114 Abs. 3 StGB hin­aus auch eine verstärkte Sanktionierung tätlicher Angriffe gegen Rettungsdienstkräfte vor. § 115 Abs. 3 StGB-Entwurf lautet: 'Nach § 113 wird auch bestraft, wer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt behindert. Nach § 114 StGB wird bestraft, wer die Hilfeleistenden in diesen Situationen tätlich angreift.'

Mehr Schein als Sein liegt dieser Gesetzesinitiative zugrunde. Das Strafrecht bietet schon lange über eine Vielzahl von Strafvorschriften, insbesondere die bereits als Versuch strafbaren Körperverletzungsdelikte (§§ 223 ff. StGB) und den ebenfalls bereits als Versuch strafbaren Nötigungstatbestand (§ 240 StGB) ein geeignetes und im Strafrahmen empfindliches Reaktionsinstrumentarium der Strafjustiz auf Angriffe gegen Einsatzkräfte. Die entscheidenden tatsächlichen Einsatzumstände, die oft eine Täter­identifizierung nicht ermöglichen (z.B. personelle und einsatztaktische Schwierigkeiten beim Herausziehen von gewalttätigen Personen aus einer Menschenmenge) oder die den Täter zum Patienten machen (alkohol- bzw. drogentoxisch bedingte oder auf einer psychischen Erkrankung beruhende Aggressivität), werden sich mit der Gesetzesänderung nicht ändern lassen. Ein Schwarz-Weiß-Denken nach dem Motto „Höhere Strafandrohungen bringen mehr Sicherheit“ wird den komplexen Einsatzlagen nicht gerecht.“

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