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39% würden den Rettungsdienst lieber verlassen

05.10.2022, 10:31 Uhr

Foto: S. Drolshagen

Ver.di stellt Umfrageergebnisse vor


Die Probleme und Herausforderungen, vor denen der Rettungsdienst steht, sind bekannt: steigende Einsatzzahlen bei fast permanenter Personalnotlage und immer längere Dauer der Einsätze, weil die Zahl der Krankenhäuser sinkt. Aber was macht diese Situation mit den 78.000 im Rettungsdienst beschäftigten Männern und Frauen? Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di wollte dies genau wissen und startete dazu im März die Umfrage „Gute Arbeit im Rettungsdienst“, deren Ergebnisse jetzt bekanntgegeben wurden. Die Ergebnisse, die Sylvia Bühler, Mitglied im Ver.di-Bundesvorstand, und Norbert Wunder, Vorsitzender der Ver.di-Bundesfachkommission, auf einer Pressekonferenz in Berlin präsentierten, waren alles andere als ermutigend. „Die ohnehin hohe Arbeitsbelastung hat sich seit Beginn der Corona-Krise nochmals deutlich verschärft“, erklärte Bühler. „Wenn 39% der Befragten angeben, sie würden sofort den Beruf wechseln, falls sie die Gelegenheit dazu bekämen, muss das alle aufrütteln.“ Was sind nun die Hauptgründe für die Unzufriedenheit mit einem Beruf, der von den allermeisten der 7.000 Befragten doch als sinnstiftend und erfüllend empfunden wird? Genannt wurden bei der Umfrage gravierende Probleme bei der Einhaltung der Arbeitszeiten – selbst gesetzlich vorgeschriebene Pausen könnten zu 61% nicht oder nur sehr unregelmäßig genommen werden, die hohe Arbeitsintensität sowie starke körperliche und psychische Belastungen sind weitere kritische Punkte. Hinzu käme eine steigende Zahl von Übergriffen gegen Rettungskräfte, vor allem im städtischen Bereich. Verschärft werde die Lage durch das älter werdende Personal: Rund die Hälfte der Beschäftigten hat das 55. Lebensjahr bereits überschritten.

„Wir alle sind im Notfall auf rasche und kompetente Hilfe angewiesen“, unterstrich Bühler. Dass sich die Bedingungen im Rettungsdienst schnell verbesserten, sei daher für alle wichtig: „Schon jetzt finden sich nicht mehr genug Menschen, die diesen so wichtigen Beruf ausüben wollen.“ Eine wichtige Maßnahme, um den Rettungsdienst wieder attraktiver zu machen, sah Bühler in der Verkürzung der überlangen Arbeitszeiten. So habe Ver.di im Reformtarifvertrag des DRK schon erreicht, dass die Wochenarbeitszeit (inklusive Bereitschaftsdienst) von 48 auf 45 Stunden reduziert wurde. Mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) führe man entsprechende Gespräche: Die kommunalen Arbeitgeber stehen in der Verantwortung, für bessere Arbeitsbedingungen im Rettungsdienst zu sorgen. Kürzere Arbeitszeiten sind dabei ein entscheidender Schritt. Die in etlichen Bundesländern ausgeübte Praxis, den Rettungsdienst nach marktwirtschaftlichen Kriterien auszuschreiben, beurteilte Bühler skeptisch. Oft folge daraus eine zeitlich befristete Vergabe, die nicht immer zur Qualitätssteigerung des Rettungsdienstes beitrage und auch nicht immer zu einer Besserstellung des Personals: „Aber wir sind hier politisch dran.“ (POG)

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