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Bundestagswahl 2021: „Höhere Rechtssicherheit für RD-Personal“

03.09.2021, 12:05 Uhr

Die Antworten von Bündnis 90/Die Grünen
  1. Aus Sicht der Grünen sind folgende Veränderungen am deutschen Rettungsdienstsystem notwendig: Verbesserungen in der digitalen Infrastruktur, deutliche Verbesserungen in der Luftrettung (bessere Infrastruktur, Verbesserung der Luftrettung durch Gleichstellung mit hoheitlichen Aufgaben, Sicherung gut ausgebildeten Personals), mehr Rechtssicherheit im Rettungsdienstalltag für das Rettungsdienstpersonal und Stärkung von Kompetenzen der Notfallsanitäter*innen (NFS), außerdem explizite Möglichkeit zur Gabe von BtM für NFS, weiterer Ausbau und Integration eines flächendeckenden AED-Netzes sowie von Ersthelfer-Apps, um die Versorgung weiter zu optimieren und die Überlebenschancen zu steigern, Förderung der Qualitätssicherung und Wissenschaft des Rettungswesens in Deutschland, gemeinsame Leitstellen.
  2. Mit der Änderung des Notfallsanitätergesetzes herrscht nun endlich Rechtssicherheit in Fällen, in denen Notfallsanitäter*innen heilkundliche Maßnahmen eigenverantwortlich durchführen müssen, um Lebensgefahr oder wesentliche Folgeschäden von Patient*innen abzuwenden. Dies ist ein erster wichtiger Schritt, aber er reicht noch nicht aus. Es müssen künftig weitere Regelungen getroffen werden, die Notfallsanitäter*innen erlauben, das Erlernte im Sinne der Patient*innen anzuwenden, auch wenn diese nicht in Lebensgefahr schweben. Zusammen mit den Bundesländern wollen wir darauf hinwirken, dass z.B. die ärztlichen Leitungen im Rettungsdienst medizinische Handlungsanweisungen festlegen und diese an entsprechend ausgebildete Notfallsanitäter*innen delegieren können. Zudem sind Änderungen am Betäubungsmittelgesetz zur legalen Verabreichung von Schmerzmitteln an Patient*innen in einer Notsituation vor Ort sinnvoll, um Notfallsanitäter*innen die Anwendung des von ihnen Erlernten und Beherrschten rechtlich auch zu ermöglichen und damit die Versorgung von Patient*innen deutlich zu verbessern.
  3. Ein wichtiger Punkt ist aus unserer Sicht die Aufnahme des Rettungsdienstes in das SGB V. Dies würde es ermöglichen, die Qualität der Rettungsdienst-Leistungen stärker im Sinne der Patient*innen zu beeinflussen. Außerdem sollten auf Bundesebene Vorgaben zu den Rahmenbedingungen für den Rettungsdienst definiert werden können, etwa was die Ausgestaltung und Dichte der Leitstelleninfrastruktur oder Mindestvorgaben hinsichtlich der Vorhaltung oder Abdeckung des Rettungsdienstes angeht oder wie die länderübergreifende Zusammenarbeit zu regeln ist.
  4. Wir Grüne sind überzeugt: Am Ende zählt die bestmögliche Versorgung für die Menschen. Ausschreibungen können ein Instrument zur zielgerichteten Bedarfsdeckung sein. Diese sollten allerdings nicht primär als Verfahren zum Drücken der Preise gesehen werden, sondern insbesondere auch zur Verabredung von Qualitätsstandards. So gesehen haben Ausschreibungen in der Vergangenheit auch zu mehr Transparenz und zu einem Innovationsschub beigetragen. Gleichzeitig wissen wir um den großen Aufwand, den die Vergabeverfahren für alle Seiten bedeuten, einschließlich der teilweise langwierigen Nachprüfverfahren. Unser Ziel als Grüne sind transparente, funktionierende Verfahren, die am Ende mehr Qualität für die Patient*innen in Not und die Beschäftigten im Rettungsdienst bedeuten. Anzumerken ist, dass die Rettungsdienstgesetze in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen.
  5. Eine starre Unterscheidung zwischen Zivil- und Katastrophenschutz ist nicht mehr zeitgemäß. Darüber hinaus hat die Covid-19-Pandemie gezeigt, dass auch die Regelstrukturen des Gesundheitswesens besser für Katastrophenlagen gerüstet und aufeinander abgestimmt werden müssen. Die Ressourcen für eine solche ebenen- und ressortübergreifende Zusammenarbeit stehen heute schon teilweise zur Verfügung, wie z.B. im Katastrophenschutz das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum des Bundes und der Länder (GMLZ) im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Wir Grüne fordern daher, das BBK mit einer Zentralstellenkompetenz bei länderübergreifenden Lagen auszustatten und Meldeverpflichtungen der Länder einzuführen. Die Etablierung eines Gemeinsamen Kompetenzzentrums für den Bevölkerungsschutz im BBK, wie sie das neue BBK-Konzept vorsieht, unterstützen wir ausdrücklich. Hier bedarf es zwingend auch der Einbindung rettungsdienstlicher Strukturen. Entscheidend sind verpflichtende gesetzliche Grundlagen, um eine effektivere Koordination bei der Bekämpfung zukünftiger Krisen sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass die Hilfe schnellstmöglich dort ankommt, wo sie benötigt wird.
  6. Aus unserer Sicht sind gute Arbeitsbedingungen die Grundlage, um dem Personalmangel begegnen zu können. Dazu gehören eine attraktive Bezahlung, familienfreundliche Arbeitsbedingungen, Arbeiten im Team, Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Hierzu müssen auch die entsprechenden Berufsgesetze reformiert werden und das Schulgeld soweit wie möglich abgeschafft werden.
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