Editorial

Ein Thema, das jeden betrifft:
Der Umgang mit Tod und Trauer

Der Tod gehört zu unserem Leben dazu, wie die Geburt und alles, was dazwischen passiert. Dies wird in unserer heutigen Gesellschaft jedoch oft verdrängt. Sich die eigene Sterblichkeit und die unserer Liebsten bewusst vor Augen zu führen, kann sicherlich schmerzhaft und beängstigend sein. Ich glaube allerdings, dass ein achtsamer Umgang mit dem Thema Tod und Sterben etwas Wunderbares bewirken kann: das Leben neu schätzen lernen, die kleinen Dinge genießen und sich etwas trauen bzw. Neues wagen.

Im Einsatz sind wir als Einsatzkräfte, je nach unserer bevorzugten Tätigkeit und unserem Fachgebiet, mehr oder weniger mit dem Thema Tod und Sterben konfrontiert. Wir alle wollen Leben retten und Menschen helfen. Doch es gibt Einsätze, bei denen uns dies nicht gelingt. Einige von uns erleben regelmäßig, wie ein Leben (überraschend) endet und sich das der Angehörigen von einem Moment zum anderen gänzlich ändert. Andere von uns haben mit dem Thema Tod im Einsatz hingegen selten bis gar nichts zu tun. Im Privaten jedoch sind wir alle auf individuelle Art und Weise von dem Verlust unserer Mitmenschen betroffen und unser eigener Tod ist uns allen absolut gewiss.

Bei dem Thema Tod und Sterben erinnere ich mich an einen für mich besonderen Kriseninterven­tionseinsatz. An einem kalten Winternachmittag war eine Frau von ihren Eltern tot in ihrer Wohnung aufgefunden worden. Trotz ihrer Vorerkrankungen war dies absolut über­raschend. Der Zusammenhalt in der Familie war überwältigend. Ich holte den Bruder der Verstorbenen von der Arbeit ab und sah mich plötzlich mit vielen ­Fragen konfrontiert: Wie sähe seine Schwester nun aus? Wie fühlen sich Tote eigentlich an? Was solle er nun tun? Im Gespräch konnte ich ihn gut auf die kommende Situation vorbereiten und ihm zur Seite stehen. Ich war dabei dankbar für meine zahlreichen vorherigen Begegnungen mit dem Tod im Rettungsdienst und im Krisen­interventionsteam. Als ich mich schließlich von der Familie verabschiedete, saßen alle friedlich um die Verstorbene herum, je eine Tasse Tee in der Hand. Brennende Teelichter erhellten die beginnende Abenddämmerung, während draußen der Schnee vom Himmel fiel. Es war ein absolut friedlicher und ruhiger Moment, trotz der tiefen Trauer. Ich war sehr berührt und beeindruckt.

Diese Ausgabe der IM EINSATZ widmet sich dem Thema Tod und Sterben. Dabei beleuchten wir die viel diskutierte Organspende, den assistierten ­Suizid und den Umgang mit Leichen, aber auch die Trauer in Einsatzorganisationen. Denn nicht nur der Tod eines Angehörigen beeinflusst uns, sondern auch der eines Kollegen bzw. einer Kollegin.

Nun wünsche ich Ihnen allen trotz des vermeintlich schweren Themas viel Freude beim Lesen, hilfreiche Inspirationen für den täglichen Einsatz, aber auch für das eigene Leben. Mögen Sie viele berührende Momente erleben. Marc Aurel hat dies für mich sehr treffend in einen Satz gepackt: „Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird zu leben.“

In diesem Sinne möchte ich Ihnen, liebe Leserschaft, auch im Namen der gesamten Redaktion eine besonders lebendige und frohe (Vor-)Weihnachtszeit wünschen. Kommen Sie gut in das neue Jahr, in dem wir Sie wie gewohnt mit spannenden Themen durch Ihr Einsatzkräfte-Dasein begleiten werden.


Ihre

Julia Rebuck