Das Informationsangebot zu Covid-19 bzw. SARS-CoV-2 ist in den letzten Tagen schier unüberschaubar geworden. Nicht nur die tagesaktuelle Berichterstattung, auch medizinische Fachmedien und -gesellschaften geben zahllose Empfehlungen heraus. Damit Sie als Rettungskräfte den Überblick behalten, sammeln wir hier die präklinisch relevanten Informationen. Wir haben diese nach wichtigen Themengebieten zusammengestellt (Stand: 26. März 2020).
Beachten Sie bei allen Informationsangeboten bitte generell:
- Daten und Informationen zum SARS-CoV-2 sind derzeit als vorläufig anzusehen. Virus und Erkrankung sind neuartig und damit auch für Experten schwer einzuschätzen. Informationen ändern sich dadurch ggf. kurzfristig.
- Vertrauen Sie etablierten Institutionen und Quellen, prüfen Sie Nachrichten in den Sozialen Netzwerken immer kritisch.
- Für Ihr Handeln sind letztlich die Auflagen und Maßnahmen Ihrer zuständigen Gesundheitsbehörde, Klinikleitung, Hygienebeauftragten etc. bindend.
- Für die Informationen unter den folgenden Links können wir keine Gewähr übernehmen. Achten Sie fortwährend auf Aktualisierungen.
Allgemeine Informationen
- Wording: neuartiges Coronavirus „SARS-CoV-2“ löst die Erkrankung „Covid-19“ aus
- Kardinalsymptome der meldepflichtigen Erkrankung sind unspezifisch:
- Husten
- Fieber
- Schnupfen, Hals- und Gliedersschmerzen (Angaben schwanken)
- > 80% der Erkrankungen verlaufen mild (ohne Hospitalisierung)
- schwere Verläufe gekennzeichnet durch Dyspnoe und Pneumonie
- Risikogruppen: > 60 Jahre (insb. Hochbetagte) und/oder Vorerkrankte
- Inkubationszeit: zumeist 5 bis 6 Tage (bis max. 14 Tage)
- Infektionswege (Mensch-zu-Mensch):
- primär Tröpfcheninfektion (i.d.R. über kurze Distanz < 2 m), daher Gefährdung beim Niesen, Husten, Sprechen sowie bei endotrachealer Intubation, nicht-invasiver Beatmung, Absaugen der Atemwege
- Schmierinfektion (über kontaminierte Flächen oder Körperteile) und Ansteckung über die Bindehaut der Augen (Konjunktiven) wahrscheinlich
- derzeit keine kausale Therapie oder präventive Impfung
- Infektionsschutz zur Eindämmung nötig
- Weitere Informationen des Robert-Koch-Instituts und des medizinischen Nachschlagewerks Amboss
Hygienemaßnahmen bei Transport von Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion (inkl. Verdacht)
- vor Beginn des Transportes: aufnehmendes Krankenhaus über Verdachtsdiagnose/Erkrankung informieren
- Mund-Nasen-Schutz für Patienten (sofern Gesundheitszustand dies zulässt)
- PSA des Personals:
- Schutzkittel,
- Einweghandschuhe,
- dicht anliegende Atemschutzmaske (FFP2 bzw. FFP3 oder Respirator bei ausgeprägter Exposition gegenüber Aerosolen)
- Schutzbrille.
- unmittelbar nach Transport: Wischdesinfektion sämtlicher zugänglicher Flächen und Gegenstände mit einem begrenzt viruziden Flächendesinfektionsmittel
- Beispiel-Vorgehen bei Rettungseinsatz (Video DRK Rettungsdienst Heidenheim-Ulm)
- Weitere Informationen des Robert-Koch-Instituts
Ergänzende Grundsätze für alle Transporte
- Beschränkung auf unvermeidliche Transporte
- Bei allen Kontakten zu Patienten mit Erkältungssymptomen mind. Mund-Nasen-Schutz (MNS) tragen; Patienten sollten ebenfalls MNS tragen; Basishygiene streng beachten.
- korrektes Tragen von MNS innerhalb medizinischer Einrichtungen
- möglichst getrennte Versorgung (Kohortierung) von SARS-CoV-2-infizierten und nicht-infizierten Patienten, d.h. Einrichtung sog. Covid-19-Krankenwagen mit entsprechenden fest zugeordneten Teams (keine speziellen Vorkehrungen, aber ausschließlich Covid-19-Patienten transportieren)
- Personal höheren Alters und mit Grunderkrankungen sollte möglichst in Bereichen mit geringem Infektionsrisiko eingesetzt werden.
- direkten Kontakt aller Art auf der Wache (z.B. Treffen und Besprechungen) auf ein Minimum reduzieren bzw. direkten Kontakt vermeiden. Kontaktreduktion auch im privaten Bereich.
- Weitere Informationen des Robert-Koch-Instituts
MNS vs. FFP
- ein Mund-Nasen-Schutz (MNS) ist kein Atemschutz und schützt med. Personal nicht ausreichend vor einer luftgetragenen Infektion (kein dichter Sitz)
- MNS schützen aber vor Berührungen durch kontaminierte Hände
- primäre Funktion ist patientenseitig: (potentiell infektiöse) Sekrettröpfchen des Trägers gelangen nicht bzw. vermindert in die Umgebung
- dies gilt gleichermaßen für selbsthergestellte Masken, die im besten Fall wie ein MNS wirken, jedoch keine genormten Anforderungen für PSA erfüllen
- vor infektiösen Aerosolen einschließlich Viren schützen ausschließlich dicht sitzende Partikelfiltrierende Halbmasken (FFP)
- für Patientenkontakt wird FFP-2 benötigt, bei Maßnahmen mit ausgeprägter Exposition zu Aerosolen FFP-3
- Weitere Informationen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Mangel von MNS und FFP-Masken – Ressourcenschonung bei NOTSITUATION
- Wiederverwendung der Schutzmasken KANN im Rahmen der Pandemie und Lieferengpässen sinnvoll sein.
- Es ist zu beachten:
- sofortiger Wechsel des MNS bzw. der FFP-Masken bei (vermuteter) Kontamination bzw. Durchfeuchtung.
- Weiterverwendung der MNS und FFP-Masken während einer Schicht nur durch dieselbe Person.
- KEINE Wiederverwendung bzw. Weiterverwendung von FFP-Atemschutzmasken nach Tätigkeiten an infektiösen Patienten mit ausgeprägter Exposition zu Aerosolen, z.B. Intubation.
- erneutes Aufsetzen erhöht Kontaminationsgefahr, Träger ist in besondere Maßnahmen zur Wiederverwendung einzuweisen (u.a. Ablagemöglichkeit, kein Berühren der Innenflächen, Handschuhmanagement)
- Weitere Informationen des Robert-Koch-Instituts
Umgang mit Kontaktpersonen unter medizinischem Personal
Es wird zwischen Personal der Kategorie Ia (hohes Expositionsrisiko) und Ib (begrenztes Risiko) und dem Vorgehen ohne bzw. unter Personalmangel unterschieden. Weitere Informationen des Robert-Koch-Instituts
Maßnahmen bei akuter respiratorischer Insuffizienz
Generell:
- Sauerstoffgabe (wenn SpO2 ≤ 90%) über Nasenbrille oder Maske
- cave: Möglichst keine High-flow-Sauerstofftherapie oder NIV (Aerosolbildung)!
- bei schwererer Hypoxämie (PaO2/FiO2 ≤200 mmHg) vorzugsweise Intubation und invasive Beatmung (bei absoluter Notwendigkeit)
- kontinuierliches Monitoring und ständige Intubationsbereitschaft
- Intubation, Absaugen, manuelle Beatmung, Tracheotomie aufgrund der Aerosolbildung nur bei absoluter Notwendigkeit mit FFP2/FFP3-Maske und Schutzbrille (bzw. Face-Shield)
- Beatmungsfilter einsetzen
- zurückhaltende Volumentherapie
- ggf. frühzeitige Abklärung ECMO und Sepsis-Therapie
Intubation:
- durch Hocherfahrenen im Team
- möglichst als Rapid Sequence Induction (RSI) ohne Zwischenbeatmung, um die Aerosolbildung zu minimieren
- Abstand zw. Ausführendem und Patient durch Einsatz von Videolaryngoskop vergrößern (möglichst kleines Team)
- Handlungsempfehlung der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI)
- Anleitungsvideo (für Klinik): Intubation of suspected Covid-19 patients (Englisch)
- Leitlinien der European Society of Intensive Care Medicine and the Society of Critical Care Medicine (Englisch)
Reanimation:
- Hinweise des UK Resuscitation Council (Englisch)
- angewendet auf den ALS-Algorithmus
Umgang mit an Covid-19 Verstorbenen
- Verstorbene sind als kontagiös anzusehen (Schmierinfektion potenziell möglich)
- Basishygiene wie bei Influenza-Verstorbenen
- Einmalhandschuhe, Schürze und Schutzkittel, Mund-Nasen- und Augenschutz
- strikte Händehygiene
- Flächendesinfektion (entsprechend KRINKO-Empfehlung)
- Abwasser- und Abfallentsorgung wie bei anderen infektiösen Verstorbenen
- besondere Hygiene bei postmortalen aerosolproduzierenden Maßnahmen (z.B. im Rahmen der Leichenschau)
- Weitere Informationen des Robert-Koch-Instituts
Psychosoziale Belastungen für Helfer
Die aktuelle Infektions- und Gefährdungslage stellt eine besondere Belastung für alle Mitarbeiter im Präklinik und Klinik dar, u.a. durch
- Arbeitspensum
- emotionale Reaktionen von Angehörigen
- ethische Konfliktsituationen und Loyalitätskonflikte (Beruf vs. Familie)
- Sorge um eigene Gesundheit
Umso wichtiger ist persönliche Vorbereitung und Selbsthilfe sowie klare Führung und institutionelle Unterstützung, z.B. durch
- Kollegialität und Zusammenhalt
- Entspannungsmethoden und individuelle Schutzmechanismen („Was tut mir gut?“)
- bestmögliche Arbeitsbedingungen und klare Abläufe und Zuständigkeiten
- Absprachen und offenen Krisenkommunikation
- Teambesprechungen und verstärkte Einsatznachsorg
- Kontaktmöglichkeit zu psychosozialen Fachkräften
Anleitung dazu geben die Merkblätter von Prof. Dr. Harald Karutz und der Bundesvereinigung Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen (SbE).
Was der Rettungsdienst über Covid-19 wissen muss
Weitere Informationen erhalten Sie in unserem kostenlosen RETTUNGSDIENST-E-Dossier (Stand: 4. März 2020).
Der Inhalt:
- Corona ante portas: Aktuelle Informationen zu Covid-19
- Covid-19: Eine Seuche im Jahr 2020?
- Risikobewertung des RKI: Mäßige Gefahr
- Erkenntnisse aus dem Bericht der WHO-Expertenkommission
- Auch bei Covid-19: Die richtige Händereinigung und –desinfektion
- Zwei Wochen Corona-Quarantäne für Betroffene und Helfer: Welche Aufgaben hat der Betreuungsdienst?