Das Land Baden-Württemberg muss die Hilfsfrist für den Rettungsdienst neu berechnen. Dies bestätigte das Verwaltungsgericht Stuttgart mit seinem Beschluss vom 6. November 2023. Notärzte und Kommunalpolitiker hatten sich mit einem Eilantrag an das Gericht gewandt, da die Berechnungsgrundlage für die Hilfsfrist des ersteintreffenden Rettungsmittels weiterhin nicht den Vorgaben entspreche, die der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg im Urteil vom 5. Mai 2023 herausgestellt hatte.
Der VGH hatte die bisherige Berechnung gemäß § 6 des Rettungsdienstplans Baden-Württembergs in der Fassung vom 31. August 2022 für unwirksam erklärt, da die dortigen Bestimmungen nicht mit den Vorgaben im Landesrettungsdienstgesetz (§ 3 Abs. 2 Satz 5 und 6) vereinbar seien. So werde die gesetzlich verankerte Frist von möglichst nicht mehr als 10 min vollständig außer Acht gelassen und der Erreichungsgrad bisher nur für die Höchstgrenze von 15 min ermittelt. Zudem werde der Notarzteinsatzdienst gar nicht an die Hilfsfrist gebunden. Der VGH betonte, die Hilfsfrist gelte in der bodengebundenen Notfallrettung aber uneingeschränkt, somit eben auch für Notarzteinsätze und auch dann, wenn keine Sonderrechte in Anspruch genommen werden. Diese Einsätze sind demnach bei der Erhebung der Hilfsfrist vollumfänglich zu berücksichtigen.
Trotz dieser Entscheidung hatte das Innenministerium die Regierungspräsidien mit einem Schreiben vom 11. Juli 2023 angewiesen, die Hilfsfrist weiterhin nach den monierten Vorschriften zu berechnen, die vom Landesausschuss für den Rettungsdienst 2016 beschlossen worden waren. Als Begründung wurde angeführt, dass die Vorgaben des VGH deutlich von den Realitäten in der Notfallrettung und damit von den Grundlagen der bisherigen Hilfsfristberechnung abweichen würden.
Das jetzige Eilverfahren am Verwaltungsgericht stellt nun klar, dass diese Praxis die gerichtliche Entscheidung des VGH missachtet. Die Antragsteller hätten als potenzielle Notfallpatientinnen und -patienten einen Anspruch auf die Umsetzung des VGH-Urteils. Das Land Baden-Württemberg ist nun gefordert, die Gerichtsentscheidung strikt umzusetzen. Dies jedoch dürfte brisant sein, denn eine Neuberechnung der Hilfsfrist könnte ergeben, dass in einigen Kreisen keine bedarfsgerechte rettungsdienstliche Versorgung der Bevölkerung mehr vorliegt. Dies wiederum würde Ausgleichszahlungen nach sich ziehen. Das Land hat die Möglichkeit, innerhalb von 14 Tagen Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichtes einzulegen.