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Katastrophenschutz wird in Deutschland schöngeredet

06.06.2006, 10:57 Uhr

Foto: H. Scholl

Am 1. Juni dieses Jahres sendete die ARD in ihrem Magazin „Kontraste“ den Beitrag „Im Ernstfall eine Katastrophe – warum Deutschland auf Chemie-Terror schlecht vorbereitet ist“. Die Autoren Steffen Mayer und Michael Beyer deckten durch intensive Recherchen und Interviews mit erfahrenen Katastrophenschützern erhebliche Mängel im bundesdeutschen Katastrophenschutz auf. Der Beitrag kam zu erschreckenden Ergebnissen. So wird die Gefahrenabwehr vor der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft nicht nur schöngeredet, ein Großteil der Übungen hätte sogar nach Drehbuch stattgefunden und wäre somit reine Show gewesen. Bei der letzten WM-Katastrophenübung in Dortmund hätte jeder Teilnehmer vorab einen Plan bekommen, es sei der Gesamtübungsleitung erlaubt gewesen in die Übung einzugreifen, was von einem Berliner Feuerwehrmann als die gravierendste Manipulation bezeichnet wird. Dass vielerorts nicht alles mit rechten Dingen zuging wird auch durch die Tatsache untermauert, dass die im Rahmen der Recherche erbetenen Übungspläne von keiner Feuerwehr zur Verfügung gestellt wurden.

Lediglich eine WM-Katastrophenübung sei ohne Drehbuch gelaufen, nämlich die vom 11. März dieses Jahres in Berlin, wo erhebliche Mängel und somit massiver Optimierungsbedarf deutlich wurden. Diese Übung wurde dennoch als Erfolg gewertet, aber nicht um die Gefahrenabwehr schönzureden, sondern weil dadurch die gravierenden Schwierigkeiten unter realistischen Bedingungen deutlich wurden und auf Anweisung des damaligen Berliner Landesbranddirektors und heutigen THW-Präsidenten Albrecht Broemme massiv nachgebessert wurde. Auch der Leiter der Katastrophenforschungsstelle an der Universität Kiel, Dr. Wolf Dombrowsky, kam in dem o.g. Beitrag zu einer nüchternen Feststellung, in dem er deutlich herausstellte, dass die Verantwortlichen um die Mängel wissen, aber niemand diese offen legen will und das schon gar nicht vor dem WM. Er kam, wie viele Experten übrigens auch, zu dem Schluss, dass man wesentlich früher mit den Vorbereitungen hätte beginnen müssen. Darüber hinaus betonte Dombrowsky immer wieder, dass der Katastrophenschutz kein spezifisches Problem der Fußball-WM ist und sein darf, sondern auf die vielfältigen Bedrohungs- und Gefahrenlagen auszurichten sei.

Die Gefahrenabwehr und der Katastrophenschutz zur Fußball-WM 2006 wird auch IM EINSATZ weiter beschäftigen, wo in den kommenden Ausgaben interessante Erfahrungsberichte und Nachbetrachtungen zu lesen sein werden. (Scholl)

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