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Mehr Patienten erhalten Lysetherapie


15.09.2010, 12:37 Uhr

Foto: H. Scholl

Trotz größerem Zeitfenster keine Verzögerung bei der Behandlung

Die Zahl der Schlaganfallpatienten, die eine so genannte Lysetherapie erhalten, ist in den letzten Jahren gestiegen. Grund hierfür ist eine Verlängerung des Zeitfensters für die Therapie von drei auf viereinhalb Stunden nach dem Auftreten der Schlaganfallsymptome. Bei der Lyse wird das Blutgerinnsel im Gehirn, das den Schlaganfall verursacht hat, medikamentös aufgelöst. Befürchtungen, dass das größere Zeitfenster die Behandlung verlangsamt, haben sich nicht bestätigt. Darauf weist die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft anlässlich der jüngsten Auswertung des Patientenregister SITS („Safe Implementation of Treatment in Stroke”) hin. Die Ergebnisse sind kürzlich in der Fachzeitschrift „Lancet Neurology“ erschienen.

Im September 2008 hat eine große internationale Studie gezeigt, dass eine Lyse bis zu viereinhalb Stunden nach Einsetzen der Schlaganfallsymptome sicher und effektiv durchgeführt werden kann. Zuvor hatte das Zeitfenster für die Behandlung nur drei Stunden umfasst. „Die Studienergebnisse waren enorm wichtig für die Schlaganfalltherapie. Wir können seither bei bedeutend mehr Patienten eine Lyse durchführen. Denn sehr viele Betroffene werden erst nach drei Stunden in eine Klinik aufgenommen. Doch zugleich bestand die Befürchtung, dass der verminderte Zeitdruck den Behandlungsablauf verlangsamt“, sagt Professor Dr. med. Martin Grond, Mitautor der Studie und Vorstandsmitglied der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie die jüngste Auswertung des Patientenregister SITS zeigt. Auch heute benötigen die Kliniken im Durchschnitt 65 Minuten vom Eintreffen der Patienten in der Klinik bis zum Beginn der Lyse. Genauso lange brauchten sie auch vor der Ausweitung des Zeitfensters. Gleichzeitig steigt die Zahl jener Patienten kontinuierlich an, die später als drei Stunden nach Symptombeginn behandelt werden. „Die grundlegende Regel in der Schlaganfalltherapie bleibt: Jede Minute zählt! Je schneller die Lyse erfolgt, umso besser sind die Ergebnisse“, betont Grond. „Daher müssen wir in der Klinik versuchen, noch schneller zu werden. 65 Minuten sind zwar ein akzeptabler Durchschnittswert, 30 Minuten wären aber ideal.“

Einschränkend muss jedoch betont werden, dass eine Zulassungserweiterung der Thrombolyse auf viereinhalb Stunden noch nicht erfolgt ist. Die Therapie im verlängerten Zeitfenster darf derzeit nur im Rahmen eines sogenannten individuellen Heilversuchs erfolgen. Nach einem Schlaganfall sollten Betroffene auf jeden Fall so schnell wie möglich in die nächste Klinik mit einer Schlaganfall-Spezialstation, einer Stroke Unit, transportiert werden. Vor der Lysetherapie müssen die Ärzte dort mithilfe einer Computer- oder Magnetresonanztomographie eine Hirnblutung als Ursache des Schlaganfalls ausschließen. Denn dann würde eine Lysetherapie die Situation verschlimmern und dem Patienten schaden.

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