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Neuer Ausbildungsschwindel bei Medicent?

19.04.2006, 08:47 Uhr

Ausbildung für Kaufleute im Einzelhandel ohne Genehmigung

Der Hamburger Rettungsschulbetreiber Medicent gerät erneut ins Zwielicht. Nachdem der Verein in jüngerer Vergangenheit dadurch aufgefallen war, dass er Ausbildungen zum Rettungsassistenten sowie das Freiwillige Soziale Jahr anbot, ohne entsprechende Genehmigungen dafür zu besitzen (RETTUNGSDIENST berichtete), wurde nun eine neue fragwürdige Werbung von Medicent bekannt. Im September letzten Jahres bewarb Medicent in einer Hamburger Lokalzeitung Ausbildungen zum Kaufmann und zur Kauffrau im Einzelhandel. Ob es sich bei dem Anbieter um den Medicent e.V oder die insolvente GmbH handelte, ist aus der Anzeige nicht zu erkennen. Das spielt allerdings auch keine Rolle. Denn weder der Verein noch die insolvente GmbH hätten ausbilden dürfen. Da Medicent zu dem Zeitpunkt keinen Einzelhandel mehr mit Ladengeschäft betrieb, hätte auch kein Kaufmann mehr ausgebildet werden können.

„Die Ausbildung für Kaufleute im Einzelhandel bedarf stets unserer Genehmigung. Ein Verein kann prinzipiell – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – keine Ausbildung anbieten. Gemeinnützigkeit und Gewinnerzielungsabsicht vertragen sich nicht, deswegen hatte der Medicent e.V. nie eine derartige Genehmigung von uns“, erklärt Dr. Thorsten Koletschka, Referent des Geschäftsbereiches Berufsbildung bei der Handelskammer Hamburg. „Und die Medicent GmbH hätte keinen Ausbildungsvertrag von uns abgesegnet bekommen, weil einfach kein Einzelhandel mehr stattfand“, ergänzt der Fachmann der Handelskammer. Das war aber auch nicht nötig. Es gab von Medicent – laut Handelskammer – im letzten Jahr auch kein derartiges Ersuchen um eine Ausbildungsgenehmigung.

Aus welchem Grund Medicent diese Lehrstellen anbot, bleibt unklar. Der erste Vorsitzende des Vereins, Michael Schönherr, wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern. In der Szene wird gemunkelt, der Verein wolle damit lediglich Hauptschüler anlocken, um diesen dann die völlig überteuerte Rettungssanitäter-Ausbildung (2.900 Euro) anzubieten.

Inzwischen interessiert sich auch die „Bild“-Zeitung für das Ausbildungsgebaren des Vereins. Erst letzten Donnerstag fand ein Termin mit rund 20 Medicent-Betroffenen in einem Hamburger Amtsgericht statt. Dabei wurden reichlich Fotos geschossen und eine Menge Interviews geführt. Derweil hat Medicent e.V. gestern wieder eine Klage gegen einen Betroffenen zurückgezogen. Es ist dies bereits die fünfte bekannt gewordene Klagerücknahme. (F. Sommer)

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