Der Nutzen des Grippemittels „Tamiflu“ wurde lange überschätzt. Dies berichtet die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) unter Verweis auf eine Studie, die gerade im „British Medical Journal“ erschienen ist. Demnach verkürzt „Tamiflu“ zwar die Grippesymptome „um einen halben Tag“, doch die Behauptung, damit ließen sich Komplikationen wie Lungenentzündungen und folgende Krankenhauseinweisungen reduzieren, könne nicht belegt werden. Die Analyse würde „die seit 2009 schwelende Vermutung“, substantiieren, dass das Medikament des Herstellers Roche weniger wirksam sei, als der Konzern glauben machen wollte, so die NZZ. Das Argument von der gesenkten Komplikationsrate war im Jahr 2009 ein wichtiger Grund dafür, dass viele Regierungen angesichts der drohenden Pandemie große Reserven an „Tamiflu“ anlegten. Allein die USA sollen dafür 1,3 Mrd. Dollar ausgegeben haben.
In die jüngste Analyse waren „interne Dokumente zu 20 Tamiflu-Studien“ eingeflossen. Die darin enthaltenen Daten relativierten nicht nur die Wirksamkeit des Medikaments. Sie zeigten zudem, dass die Risiken bisher unterschätzt worden seien. So verursache „Tamiflu“ nicht nur Kopfschmerzen und Übelkeit, sondern erhöhe auch die Rate an psychischen Störungen. Wie der Bericht weiter festhält, gebe es nicht einmal Belege, dass durch die Gabe von „Tamiflu“ die Übertragung des Grippevirus eingedämmt würde.
Auch das Grippemittel „Relenza“ des Herstellers GlaxoSmithKline habe in der Analyse ähnlich abgeschnitten. Anders als das Roche-Präparat stand es aber nie so stark im Fokus des öffentlich-medialen Interesses. Die Autoren der Studie fordern als Konsequenz, das Testen von Medikamenten nicht den Konzernen zu überlassen. Vielmehr solle es als „öffentliche Aufgabe“ angesehen werden.