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Reformprojekt für effizientere Notfallversorgung in Hessen angelaufen

14.07.2022, 09:59 Uhr

Foto: K. von Frieling

Kliniken sollen Patienten selbst in Praxis anmelden können


Die Steuerung der Notfallpatienten mit dem Ziel, jeden Fall binnen kürzester Zeit in die jeweils geeignete Versorgungseinrichtung zu bringen, ist derzeit bundesweit eines der größten Probleme für den Rettungsdienst. In Hessen wird nun auf diesem Gebiet ein neuer Weg mit der Bezeichnung „Sektorenübergreifende ambulante Notfallversorgung“ (SaN) beschritten. Im Main-Taunus-Kreis sind bereits acht von zehn Krankenhäusern beteiligt. Insgesamt sollen auch rund 70 Praxen aus den drei Kreisen angeschlossen werden. „SaN“ soll mit der optimalen Steuerung von Patienten die Notaufnahmen in den Krankenhäusern entlasten und vermeidbare Rettungsdienstfahrten von vornherein überflüssig machen. Eindeutig ambulant behandelbare Fälle in den Kliniken sollen so nicht länger Ressourcen für schwere Notfälle blockieren. Damit Patienten samt bereits erhobener Daten problemlos vom ambulanten ins stationäre System und umgekehrt übergeben werden können, haben die Rettungsdienste und die Kassenärztliche Vereinigung Hessen ihre über 112 bzw. 116 117 erreichbaren Leitstellen miteinander verzahnt. Zudem wurden auch die Praxen niedergelassener Ärzte bei dem schon seit Jahren flächendeckend eingesetzten Interdisziplinäreren Versorgungsnachweis (Ivena) eingebunden. Ivena informiert in Echtzeit über die verfügbaren Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten der Kliniken – und jetzt auch der angeschlossenen Praxen.

Um sicher einschätzen zu können, welche Behandlung für den jeweiligen Patienten die richtige ist, setzen die Projektpartner neben der bewährten Notrufabfrage über die 112 zudem einheitlich auf die Spezialsoftware SmED. Diese vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland entwickelte „Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland“ nutzen die KVen bereits für die Anrufer unter der 116 117. Für „SaN“ wurde sie für den Einsatz durch Kliniken und Rettungsdienst erweitert. Hatten die Retter bislang nur die Möglichkeit, Patienten in ein Krankenhaus zu bringen oder sie daheim zu lassen, gibt ihnen das Modellprojekt mit der ambulanten Versorgung in einer ärztlichen Praxis eine weitere Option. Das per Tablet ermittelte SmED-Ergebnis, in das auch die Vitalparameter einfließen, zeigt, ob und in welchem Zeitfenster ein Arztbesuch nötig ist. In den dringenden Fällen übernehmen die Retter direkt den Transport in eine Praxis – und werden dafür auch bezahlt. Die Teams haben so vor allem „höhere Rechtssicherheit“, sagt ÄLRD Jörg Blau: „Einen Patienten zu Hause zu lassen, war für die Rettungskräfte bislang oft mit einem unguten Gefühl verbunden. Die Sorge, eventuell doch etwas übersehen zu haben, war groß.“

Offene Fragen gibt es allerdings noch bei diesem gewaltigen Projekt. So werde, wie Jörg Blau betont, viel davon abhängen, wie die Kommunikation zwischen den Notfallnummern 112 und 116 117 funktioniert und wie transparent sich die Weitergabe von Patienten im System gestaltet. Die Kliniken bekommen eine völlig neue Möglichkeit: Sie können nun auch Patienten in Praxen anmelden. Bisher war dies nur in umgekehrter Richtung möglich. Das Hessische Ministerium für Soziales und Integration beziffert die Gesamtkosten des „SaN“-Projekts auf 560.000 bis 600.000 Euro. (Poguntke)


Weitere Informationen zum Programm finden Sie hier.

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