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Rettungsdienst haftet auch für Schaden ohne Kollision

27.09.2022, 11:40 Uhr

Foto: S. Drolshagen

Oberlandesgericht Oldenburg verhängt Zahlung von Schmerzensgeld


Das Oberlandesgericht Oldenburg hat einen Rettungsdienst aus Ostfriesland zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verurteilt, weil bei einem Überholvorgang eines Rettungswagens eine Frau zu Schaden gekommen ist. Der Fahrer eines RTW wollte bei einem Einsatz mit eingeschaltetem Martinshorn mehrere Radfahrer an einer engen Stelle überholen. Eine 72-jährige Frau wollte nach Angaben des Gerichts dabei von ihrem Fahrrad absteigen und kam zu Fall. Sie brach sich den Fußknöchel und musste zwei Wochen einen Gipsverband tragen sowie im Anschluss noch zwei Monate einen speziellen Strumpf. Zu einer Kollision war es nicht gekommen.

Das Landgericht Aurich hatte eine Haftung des Rettungsdienstes abgelehnt. Mit ihrer Berufung hatte die Klägerin vor dem Oberlandesgericht Oldenburg Erfolg. Der Senat entschied, dass sich bei dem Vorfall die sogenannte Betriebsgefahr des RTW, also die typischerweise einem Kraftfahrzeug beim Betrieb innewohnende Gefahr, verwirklicht habe, auch wenn es nicht zu einer Kollision gekommen sei: Der RTW habe zu dem Unfall beigetragen, indem er das Ausweichmanöver und das Absteigen der Klägerin veranlasst habe. Ein Schaden sei bereits dann „beim Betrieb“ eines Kfz entstanden, wenn sich die von dem Fahrzeug ausgehende Gefahr überhaupt ausgewirkt habe. Das sei hier der Fall. Die Klägerin habe die Verkehrslage zu Recht als gefährlich empfunden und sei deswegen abgestiegen.

Der Senat hat die Betriebsgefahr mit 20% Haftungsquote bewertet und der Radfahrerin ein Schmerzensgeld von 2.400 Euro zugesprochen. Darüber hinaus erhält sie auch ihren materiellen Schaden zu 20% ersetzt, ebenso wie die Kosten für ihren Rechtsanwalt. Die Entscheidung ist rechtskräftig (Urteil vom 17. Mai 2022, Az. 2 U 20/22).

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