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Bereichsausnahme im Rettungsdienst ist umstritten

10.02.2020, 12:19 Uhr

Foto: S. Drolshagen

Ist die Anwendung nur mit landesrechtlicher Regelung möglich?


Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat in einem laufenden Verfahren um die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme (Az. 29 K 8013/16) den Beteiligten einen Hinweis erteilt, wonach das Gericht derzeit davon ausgeht, dass auch in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich kein Raum für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme besteht. Die Begründung: Nach § 13 Abs. 1 Rettungsgesetz des nordrhein-westfälischen Rettungsdienstgesetzes kann der Träger die Durchführung rettungsdienstlicher Leistungen auf anerkannte Hilfsorganisationen, aber auch auf andere Leistungserbringer übertragen, sodass auch in diesem Bundesland grundsätzlich Hilfsorganisationen und andere Leistungserbringer gleichrangig nebeneinanderstehen. Die gewissermaßen automatische Anwendung der Bereichsausnahme setzt aber eine alleinige Erbringung der Leistung durch gemeinnützige Organisationen auf Grundlage einer entsprechenden gesetzlichen Regelung voraus. Hiermit weicht nach Auffassung dreier Fachjuristen auf diesem Gebiet die nun befasste 29. Kammer des VG Düsseldorf von der bislang vertretenen Rechtsansicht der 7. Kammer ab. Diese hatte in einem Verfahren um einstweiligen Rechtsschutz die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit und damit auch die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme in NRW bejaht (Beschl. vom 15. September 2016 – 7 L 2411/16).

Es bleibe abzuwarten, so die Rechtsanwälte Daniel Bens, Martina Hadasch und Michael Kuffer in einer gemeinsamen Erklärung, wie sich die Rechtslage hierzu weiterentwickle. Die Haltung des VG Düsseldorf scheint eindeutig die Tendenz bei den Gerichten zu unterstützen, dass es für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme in den Bundesländern einer eindeutigen „Privilegierungsregelung“ für die Hilfsorganisationen in den Landesrettungsdienstgesetzen bedarf. Diskutiert wird die Frage, ob die Anwendung der „Bereichsausnahme Rettungsdienst“ gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung voraussetzt, die die Beschränkung des Wettbewerbs auf gemeinnützige Organisationen erlaubt, bereits seit längerem. Für Bayern hatte die Vergabekammer Südbayern bereits 2017 entschieden (Az. Z3-3-3194-1-54-12/16), dass die Regelung über die Einbindung Dritter in den öffentlichen Rettungsdienst Art. 13 Abs. 1 Bayerisches Rettungsdienstgesetz (BayRDG) es nicht zulasse, nur einen Wettbewerb unter den Hilfsorganisationen zu organisieren. Art. 13 Abs. 1 BayRDG eröffne den Wettbewerb auch für rein private Anbieter, sodass die Anwendung der Bereichsausnahme in Bayern nicht in Betracht komme. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte diese Rechtsansicht (Beschl. vom 26. April 2019 – 12 C 19.621). Mitte 2019 schloss sich dann auch das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen dieser Auffassung an. Regelungen, nach denen gemeinnützige Organisationen entweder grundsätzlich mit rettungsdienstlichen Leistungen beauftragt werden oder im Rahmen eines Wahlrechtes eine Bevorzugungsmöglichkeit für diese Organisationen besteht, haben bislang nur die Bundesländer Sachsen-Anhalt, Hessen, Brandenburg und Hamburg. (POG)

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