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Studie zur Gewalt gegen Rettungskräfte

19.04.2012, 08:38 Uhr

Foto: Malteser NRW

Täter zwischen 20 und 39 Jahren alt, männlich und oft alkoholisiert

Die lange erwartete repräsentative Studie von Julia Schmidt am Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum (RUB, Prof. Dr. Thomas Feltes) zur Gewalt gegen Rettungskräfte, die im Auftrag der Unfallkasse NRW erstellt wurde, liegt jetzt vor. Demnach handelt es sich dabei längst nicht mehr um Einzelfälle. 98% der Rettungskräfte in Nordrhein-Westfalen haben bereits verbale Gewalt erlebt. Von Erfahrungen mit mindestens einem aggressiven Übergriff berichten 59%. Opfer von tatsächlicher körperlicher, strafrechtlich relevanter Gewalt wurden 27% aller Befragten in den letzten 12 Monaten. 

Ein Ergebnis der Studie: Großveranstaltungen wie Demonstrationen, Volksfeste oder Sportereignisse spielen keine herausgehobene Rolle. Verbale Gewalt oder Aggression gibt es genauso oft im privaten (45%) wie im öffentlichen Raum (49%). „Nur“ 43% der Vorfälle geschehen nachts. Und auch die sogenannten sozialen Brennpunkte sind bei weitem nicht die einzigen „Tatorte“. Mehr als jeder vierte Übergriff gegen Rettungskräfte (27,1%) ereignet sich in „bürgerlichen Wohngegenden“. Was indes nicht überrascht: Die meisten Täter sind zwischen 20 und 39 Jahren alt, männlich und oft alkoholisiert. 

Die Studie macht deutlich, dass über die Hälfte der befragten Rettungskräfte sich auf derartige konfliktreiche Situationen nicht vorbereitet sieht. Ziel der Befragung war es, eine wissenschaftliche Grundlage zu schaffen für eine zielgerichtete Prävention und für den Schutz der Beschäftigten im Rettungsdienst. Die Ergebnisse belegen den Handlungsbedarf, damit die Betroffenen Konflikte bewältigen können. So sollten sie bereits in der Ausbildung auf Situationen durch Gewalt und Aggression vorbereitet werden. Die RUB-Forscher empfehlen zudem Schulungs- und Trainingsprogramme zur Deeskalation und zu „körperschonenden“ Abwehrtechniken. Rettungsdienste sollten darüber hinaus Nachsorgekonzepte für gewalttätige Übergriffe und psychisch belastende Ereignisse entwickeln und etablieren.

Auch die zwischenzeitlich verschärften Paragraphen 113 und 114 StGB („Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gegen Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen“) haben die Bochumer Juristen in ihre Untersuchung eingeschlossen: Sie geben anhand der Studienergebnisse zu Bedenken, dass der Nutzen der Gesetzesänderung von 2011 hinsichtlich einer verbesserten Sicherheit für die Rettungskräfte doch stark bezweifelt werden kann.

Befragt wurden über 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Rettungsdiensten und Berufsfeuerwehren in sechs Städten und Kreisen in NRW – davon zwei „Metropolstädte“ (Essen und Dortmund), zwei kreisfreie Städte mit unter 500.000 Einwohnern (Mülheim an der Ruhr und Remscheid) sowie die Flächenkreise Düren und Warendorf. Alle hier in Frage kommenden Rettungskräfte wurden angeschrieben, der Rücklauf betrug knapp 41% (858 ausgefüllte Fragebögen).

Die Studie kann hier heruntergeladen werden.

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