Die Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte (AGBN) sieht sich in der Debatte um mögliche Kompetenzerweiterungen für Notfallsanitäter „sehr heftigen, vor allem aber auch sehr polemischen und unsachlichen Angriffen“ ausgesetzt. Einen „Notarzt light“ werde man nicht akzeptieren, hatte die AGBN jüngst in einer Stellungnahme erklärt (mehr dazu hier). Es sei nicht hinnehmbar, dass in einer präklinischen Situation mit wenig Personal, schlechten räumlichen Bedingungen und schlechterer apparativer Ausstattung als in der Klinik ein Patient „nicht einmal mehr von einem approbierten Arzt, sondern von einem Vertreter eines medizinischen Assistenzberufes behandelt werden soll.“ In ihrem jüngsten Infobrief gesteht die AGBN den bayerischen Notfallsanitätern zwar eine sehr gute Ausbildung und ein ebensolches Training zu, betont aber auch: „Was die Notfallsanitäter ... nicht erwerben können, ist die klinische Erfahrung samt den erforderlichen Fähigkeiten, was insbesondere die Indikationsstellung, Durchführung und das Komplikationsmanagement von invasiven notfallmedizinischen Maßnahmen angeht.“ Dazu würde das derzeitige Ausbildungs- und Qualifikationskonstrukt nicht ausreichen: „Wir wollen verhindern, dass es über juristische ... Begründungen dazu kommt, dass Notfallsanitäter nicht nur in Ausnahmefällen, sondern generell zur Durchführung von invasiven notärztlichen Maßnahmen berechtigt werden.“
Ganz besonders verärgert zeigte sich die AGBN darüber, dass sie wegen ihrer Haltung „neuerdings auch auf den offiziellen Seiten einer großen Hilfsorganisation“ kritisiert werde. Offensichtlich bezieht sich die AGBN damit auf einen Kommentar des Geschäftsführers des Kreisverbandes Kitzingen, der auf den Internetseiten des BRK veröffentlicht wurde. Felix Wallström kritisierte darin mit Hinweis auf die allgemeine Personalknappheit im Rettungsdienst gerade auch im Bereich der Notärzte die AGBN-Position: „Geradezu grotesk im Schatten dieser Situation erscheint deshalb der Protest einiger Standesvertreter gegen die Ausweitungen der Kompetenzen von Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern.“ Der BRK-Kreisgeschäftsführer sprach in diesem Zusammenhang von einem „Systemproblem“. Auf der einen Seite gebe es zu wenig Notärzte, auf der anderen Seite müssten Notfallsanitäter permanent in einer „unklaren rechtlichen Situation“ arbeiten. Ins Visier nahm Wallström auch die AGBN-Aussage, wonach es eher darauf ankomme, „was jemand könne und weniger, was jemand dürfe“: „Eine gewagte Aussage, wo doch für Mediziner im Notarztdienst keine gesonderte Fortbildungspflicht besteht.“ Die AGBN fordere einen Standard, den die Notärzteschaft in der Fläche nicht leisten könne. Seinen Kommentar verknüpfte Wallström mit einer Reihe von Forderungen, darunter auch eine regelmäßige Fortbildungspflicht für Notärzte, eine „konsequente Sicherstellung“ des Notarztdienstes durch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns und „klare und dem echten Alltag entsprechende Kompetenzen“ für Notfallsanitäter.
Unterstützung zumindest beim letztgenannten Punkt bekam diese Meinung von einem Notarzt aus Oberbayern, der auf Facebook die Kündigung seiner AGBN-Mitgliedschaft nach zehn Jahren mitteilte: „Aufgrund der Positionierung der AGBN in Bezug auf die Schaffung von Rechtssicherheit für Notfallsanitäter sehe ich keinen Grund mehr, Mitglied der AGBN zu sein.“ Der jüngste AGBN-Brief, so Dr. med. Florian Meier, zeige, „dass die tägliche Situation auf der Straße leider vom Vorstand der AGBN nicht wahrgenommen wird.“ (POG)