Ist die Gabe von Medikamenten durch nichtärztliches Assistenzpersonal im Rettungsdienst eine Kompetenzüberschreitung oder ist die Nichtverabreichung eine unterlassene Hilfeleistung? Da diese Fragen seit langem rechtlich und medizinisch umstritten sind, handeln Rettungsassistenten und Notärzte täglich in einer Grauzone. Die Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte (agswn) und die Klinik für Anästhesiologie der Universitätsmedizin Mainz fordern gemeinsam mit Vertretern der medizinischen Fachgesellschaften, Juristen und Pharmazeuten Klarheit. Im Rahmen eines Expertentreffens haben sie nun in Mainz einen Entwurf für eine bundesweite Initiative erarbeitet, die einer größeren Handlungssicherheit und einer besseren Patientenversorgung dienen soll.
Derzeit erlauben die Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes keinen Einsatz von hochpotenten Schmerzmitteln (Opioiden) durch Rettungsassistenten. Daher wird in wenigen Rettungsdienstbereichen ersatzweise das Narkosemedikament Ketamin verwendet. Jedoch ist dieses Medikament – wie andere Nichtopioide auch – aufgrund möglicher schwerwiegender Nebenwirkungen zur Behandlung schwerer Schmerzzustände vergleichsweise ungeeignet. „Daher ist eine Überarbeitung des Betäubungsmittelgesetzes, mit dem Ziel spezielle Opioide in definierten Darreichungsformen bei strenger Indikationsstellung zur Anwendung durch Rettungsassistenten verfügbar zu machen, sinnvoll. Dieses setzt gleichzeitig eine entsprechend erweiterte Ausbildung der Rettungsassistenten sowie die Einbindung der für die Umsetzung verantwortlichen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) voraus. Ohne die Struktur einer von Hilfsorganisationen unabhängigen ärztlichen Supervision ist diese Verantwortungsübernahme nicht umsetzbar. Aus diesem Grund empfiehlt das Expertengremium eine breite Diskussion des Themas mit Vertretern der Gesetzgeber, ÄLRD und Rettungsassistenten“, betont Dr. Carsten Lott, Landesvorsitzender Rheinland-Pfalz der Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V. (agswn). Die agswn wird gemeinsam mit der Klinik für Anästhesiologie zeitnah entsprechende Treffen initiieren.