In einer „Stellungnahme zur Ausrichtung der Telemedizin im Rahmen notärztlicher Konsultation“ plädiert der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD) dafür, den Mangel an Notärzten nicht durch Telenotarztsysteme zu lösen, „sondern durch Nutzung der Kompetenzen des Notfallsanitäters und einer Überarbeitung der Notarztindikationskataloge“. Dadurch könne eine deutliche Reduktion der Notarzteinsätze erreicht und die Versorgung sichergestellt werden. Dass derzeit in einigen Bundesländern überlegt werde, die Telemedizin im Rahmen rettungsdienstlicher Leistungen flächendeckend einzuführen, sieht der Berufsverband mit Sorge. Diese Entwicklung führe dazu, die Kompetenzen der Notfallsanitäter im Bereich der invasiven Maßnahmen und Medikamenten einzuschränken, da mit der Telemedizin immer auf die notärztliche Expertise zurückgegriffen werden könne: „Insbesondere die eigenverantwortlichen Kompetenzen, die im § 4 Notfallsanitätergesetz (NotSanG) als Ausbildungsziel klar benannt sind, werden de facto durch telemedizinische Systeme konterkariert.“
Der Bedarf an Telemedizin, so der DBRD, werde künstlich geschaffen oder mindestens stark erhöht. Die Folge sei, dass die Notarztquote nicht gesenkt, sondern nur anders verteilt werde und die Kosten steigen. In den meisten notfallmedizinischen Situationen habe die Telemedizin keine Vorteile und sollte nicht eingesetzt werden. Dazu zählt der Berufsverband Reanimationen, Schlaganfälle sowie schwerverletzte, eingeklemmte Patienten. Indikationen für den Einsatz von Telenotarztsystemen bestünden lediglich in der Rückfallebene. Mit dem zunehmenden Einsatz werde somit versucht, „die eigenverantwortlichen Kompetenzen des Notfallsanitäters gering zu halten und durch Transfer der Verantwortung an einen Telenotarzt eine Aushebelung des Ausbildungszieles zu erreichen.“ Telemedizin könne allenfalls ergänzend und nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten des Notfallsanitäters eingesetzt werden.