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Wie kommen leistungsgerechte Entgelte im Rettungsdienst zustande?

27.01.2006, 09:45 Uhr

(Vordere Reihe, v.l.n.r.) RA Dr. Esch; Herr Finke, ASB Bochum; Herr Pokowietz, Sani-Car GmbH, Bochum; Herr Michalak, ASB Bochum; Herr Hapke, Krankentransport Hapke, Bochum

Gebührensatzung gegen Entgeltvereinbarung

Die in Fachkreisen mit großem Interesse erwartete mündliche Verhandlung vor dem Bundessozialgericht am 26. Januar 2006 sollte die beiden grundsätzlichen Fragen der Vergleichbarkeit von Entgelten im Rettungsdienst und Lösungsmöglichkeiten für den Fall der Nichteinigung bei Fehlen einer Schiedsstelle einer Klärung näher bringen. Auf Seiten der Kläger traten gemeinsam der Arbeiter-Samariter-Bund Bochum e.V., das Krankentransportunternehmen Hapke und die Firma Sanicar GmbH, beide ebenfalls aus Bochum, auf.

Leistungserbringer, die im täglichen Leben miteinander im Wettbewerb stehen, haben ganz offensichtlich gemeinsame Handlungsfelder entdeckt und diese zielgerichtet über einen langen Zeitraum verfolgt. Ganz sicher ein Konzept für die Zukunft. Auf der anderen Seite streiten sechs beklagte Betriebskrankenkassen quasi stellvertretend für alle gesetzlichen Krankenkassen.

Im Verlauf der Verhandlung machte das Gericht deutlich, dass es das Diskriminierungsverbot aus dem Wettbewerbsrecht sehr wohl auch auf sozialrechtliche Vereinbarungen für anwendbar hält. Im vorliegenden Fall, der in erster Linie auf die Vergleichbarkeit einer Gebührensatzung des öffentlichen Rettungsdienstes auch auf Leistungserbringer im Rahmen einer Entgeltvereinbarung zielte, sah das Gericht jedoch Bedenken. Den gesetzlichen Krankenkassen könne schwerlich eine unzulässige Diskriminierung vorgeworfen werden, da sie auf die Gebührensatzung der Stadt Bochum für den Rettungsdienst kaum ernsthaft Einfluss nehmen können. Die Kassenvertreter bekräftigten, dass sie der entsprechenden Satzung auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten entgegen getreten seien.

Auch für die Anwendung einer Festbetragsregelung sah das Gericht in der Praxis erhebliche Hürden. Hier seien zunächst die Kassen in der Nachweispflicht, dass die erhobenen Gebühren nicht gerechtfertigt seien. Dies sei mit hohem Aufwand verbunden. Zudem bestehe die Gefahr, dass letztlich der einzelne Versicherte belastet werde.

Deutlich wurde allerdings, dass das Diskriminierungsverbot immer dann zum Tragen kommen kann, wenn die zu vergleichenden Entgelte auf entsprechenden Vereinbarungen im Rahmen des § 133 SGB V beruhen. Da dies im vorliegenden Fall jedoch nicht der Fall ist, hat das Bundessozialgericht den Parteien einen Vergleichsvorschlag auf Basis der Grundlohnsummensteigerung seit Beginn des Verfahrens im Jahr 2000 unterbreitet. Bis zum 28. Februar 2006 haben alle Beteiligten ein Widerrufsrecht. Sofern davon Gebrauch gemacht wird, will das Gericht am 23. März 2006 seine Entscheidung verkünden.

Somit bleiben aller Voraussicht nach beide Fragen auch weiterhin offen und werden in anderen Fallkonstellationen wieder die Gerichte beschäftigen – sofern sich nicht alle Landesgesetzgeber entschließen, entsprechende Schiedsstellen für alle Leistungserbringer einzurichten.

Sobald das Verfahren beendet ist, wird RETTUNGSDIENST die grundlegenden Fragen in einem ausführlichen Artikel beleuchten.

Aktenzeichen des Bundessozialgerichts: B 3 KR 5/05 R – 1
Aktenzeichen der Vorinstanzen: SG Düsseldorf - S 34 KR 218/00 - LSG Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 81/03 -

(M. Müller)

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